EU-Kommission droht mit Strafzöllen auf E-Autos aus China (2024)

Die Europäische Union folgt dem Beispiel der USA. Nun könnte China reagieren. Das wäre vor allem für deutsche Autoproduzenten ein Problem. Es besteht das Risiko eines Handelskriegs.

Daniel Imwinkelried, Brüssel

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EU-Kommission droht mit Strafzöllen auf E-Autos aus China (1)

Stark subventionierte chinesische Fahrzeughersteller würden die EU mit E-Autos überschwemmen, glaubt die Kommission. Und das schade den einheimischen Produzenten. Die Kommission will daher die chinesischen Hersteller mit Schutzzöllen von 17,4 bis 38,1 Prozent belegen. Diese sind massgeschneidert und hängen davon ab, wie gross die Finanzhilfen sind, welche die E-Auto-Produzenten von Banken sowie der Zentral- oder von einer Lokalregierung erhalten haben.

Einen Einfluss auf die Zollhöhe hat zudem, wie eng die Produzenten mit den EU-Vertretern kooperiert haben, die seit dem vergangenen Oktober die Staatshilfen an die Firmen untersucht haben. Am niedrigsten ist der Zoll im Fall von BYD (17,4 Prozent), dem in Europa wohl bekanntesten Hersteller von E-Autos.

Betroffen sind auch ausländische Hersteller

Bestraft werden ab dem 4.Juli nicht nur chinesische Firmen, sondern auch ausländische, die in China fertigen lassen. Sie müssen sich auf einen Zoll von 21 Prozent gefasst machen, falls die EU-Kommission mit ihrem Vorschlag bei den Mitgliedsländern durchdringt. Diese werden im Herbst darüber entscheiden. Stimmen sie zu, sind die Zölle fünf Jahre in Kraft.

Dass die Kommission einschreiten würde, hatte sich über Monate abgezeichnet. Im vergangenen Herbst hatte die Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Untersuchung dazu angekündigt, ob China im E-Auto-Geschäft mit Subventionen den Markt verzerre.

Das harte Vorgehen spaltet Europas Autosektor allerdings. Vor allem die deutschen Produzenten sprachen sich gegen Zölle aus. Der BMW-Chef Oliver Zipse etwa sagte, dass die Automobilindustrie keinen Schutz benötige. Hildegard Müller, die Chefin des Verbandes der Automobilindustrie, meinte am Mittwoch, durch die Massnahme wachse das Risiko eines globalen Handelskonfliktes.

Im Gegensatz dazu setzte sich vor allem Frankreich für ein scharfes Vorgehen gegen China ein. Anders als deutsche Firmen produzieren französische nicht viele Fahrzeuge im Reich der Mitte. Gleichzeitig wolle Frankreichs Regierung den eigenen Markt schützen, sagen Beobachter.

Die Meinungen verlaufen in Europa allerdings nicht entlang der Landesgrenzen. Daniel Caspary, der Chef der deutschen CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, sagte am Mittwoch: «Diese Entscheidung war überfällig und ist völlig angemessen.»

Die Reaktionen der deutschen und der chinesischen Regierung fielen dagegen noch unbestimmt aus. China hatte allerdings Weinbrandproduzenten im Januar mit der Ankündigung aufgeschreckt, dass man untersuchen werde, ob sie mit Dumpingpreisen operierten. Das war eindeutig ein gegen Frankreich gezielter Warnschuss.

Am Mittwoch präsentierte die EU unzählige Daten und Einsichten, die beweisen sollen, wie sehr China Europas Autoindustrie zusetze. So habe der Marktanteil chinesischer Produzenten bei der E-Mobilität seit 2020 von 4 auf 25 Prozent zugenommen. Die Hersteller erhalten laut der EU Staatshilfe in vielfältiger Form: Diese reicht angeblich von zinsgünstigen Darlehen über Zuschüsse bis zu Steuererleichterungen. Subventioniert werde gleichsam die ganze Lieferkette, also vom Abbau des Rohstoffs Lithium bis hin zur Auslieferung des Fahrzeugs.

Die EU will mit China ins Gespräch kommen

Gleichzeitig haben EU-Vertreter am Mittwoch mehrmals betont, dass man keinen Handelskrieg mit China vom Zaun brechen wolle. «Vielmehr streben wir danach, mit China eine Lösung zu finden.»

Das dürfte aber schwierig werden, denn Chinas Hersteller produzieren laut Beobachtern mehr Fahrzeuge, als der globale Markt absorbieren kann. Einige der neugegründeten Produzenten sind schon wieder verschwunden.

Ein Teil dieser Zukunftsbranche steckt also in Schwierigkeiten, und Chinas Regierung hat kein Interesse, diese noch zu verschärfen. Zumal die Bedingungen für die Produzenten ohnehin schwieriger werden. Vor einem Monat hat der amerikanische Präsident Joe Biden angekündigt, dass man den Zoll auf chinesische Elektroautos von 25 Prozent auf 100 Prozent erhöhen wolle.

Als Absatzmarkt ist die EU für die Hersteller dadurch nochmals attraktiver geworden, denn hier betragen die Zölle nur 10 Prozent. Das und Bidens Massnahme haben bei der Kommission die Furcht genährt, dass die chinesischen Produzenten noch mehr in die EU exportieren würden als bisher.

Im Widerspruch zur Klimapolitik

Um eine solche Exportoffensive abzuwehren, nimmt die EU nun in Kauf, dass E-Autos in der EU teurer werden. Das ist ein Widerspruch zu den umweltpolitischen Zielen des Staatenbundes: Immerhin ist es dessen Ziel, die Treibhausgasemissionen auf dem Kontinent zu senken. E-Autos kommt bei diesem Plan eine Schlüsselrolle zu.

Bedenken versuchte die Kommission aber mit dem Hinweis zu zerstreuen, dass die Importeure einen Teil der Zölle wohl übernehmen würden. Zudem seien diese gerade so hoch angesetzt, dass sie die Subventionen an die Hersteller kompensieren würden.

Die EU hat gegenüber China ein Handelsbilanzdefizit

Aussenhandel 2023, in Milliarden Euro

Quelle: Eurostat

NZZ / imr.

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